Die aktuelle Studie von Statista in Zusammenarbeit mit dem ZDH (vgl. Graefe, 2020) zeigt, dass 7 von 10 Geschäftsführern aus der Handwerksbranche vom Problem des Mitarbeitermangels betroffen sind. Gerade in der Hochsaison der SHK-Branche bedeutet dieser Missstand Überstunden, das Vertrösten von Kunden und eine Belastung des ganzen Teams.
In diesem Artikel geht es um die mögliche Lösung des sogenannten Social Recruitings als Teilsegment der Digitalisierung des Handwerks in Bezug auf die Mitarbeitergewinnung.
Gerade in der kalten Jahreszeit haben SHK-Betriebe alle Hände voll zu tun. Um Wartungen fristgerecht durchführen zu können, müssen oftmals Geschäftsführer mit anpacken. Diese Situation zeigt vielen Inhabern erneut ein Problem auf, das ihnen in den meisten Fällen bereits lange bewusst ist. Es liegt ein Mangel an fähigen Arbeitskräften im Bereich der Anlagenmechanik vor, um Aufträge auf Baustellen oder im Bereich des Kundendienstes zeitnah abarbeiten zu können. Da die Auftragsbücher oftmals schon gut gefüllt sind, geht es an dieser Stelle weniger um die Skalierung des Unternehmens, sondern vielmehr um die Bearbeitung von Aufträgen, die manchmal schon bis ins nächste Jahr verschoben sind und die damit verbundene Entlastung des bisherigen Teams, um Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit aufrecht zu erhalten.
Bisher genutzte Mittel bringen wenig qualifizierte Bewerbungen
Der Großteil der SHK-Betriebe greift dabei auf klassische Mittel wie Zeitungsanzeigen, Flyer, Beschriftungen des Fuhrparks und Plakaten oder auch Stellenanzeigen auf digitalen Portalen, wie z.B. der Agentur für Arbeit zurück. Darüber hinaus werden mitunter kostenpflichtige Anzeigen auf gewerblichen Online-Jobbörsen in Anspruch genommen. Die Erfahrungen sind dabei oftmals eher negativ. Diese Instrumente der Mitarbeitergewinnung sind häufig mit Zeit und Geld verbunden und bringen in den meisten Fällen keine Bewerbungen oder weisen eher unqualifizierte Bewerbungen auf. Ein weiterer Schritt, auf den zurückgegriffen wird, ist die Inanspruchnahme externer Dienstleister im Personalwesen, welche als sogenannte Headhunter, Personalvermittler oder auch Zeitarbeitsfirmen agieren. Diese verwalten oftmals einen Pool aus potenziellen Bewerbern, die aktuell arbeitslos und arbeitssuchend sind. Eine externe Vermittlung lässt sich oftmals mit dem klassischen Weg einer Bewerbung, bei dem sich ein Bewerber auf eine offene Stelle direkt beim Unternehmen bewirbt, und dem anschließenden Arbeitsverhältnis nur schwer verbinden. Viele SHK-Teams bezeichnen ihr Unternehmen und die Mitarbeiter als kleine Betriebsfamilie, da die durchschnittliche Dauer der Angestelltenverhältnisse oftmals viele Jahre bestehen. Ein externes Team-Mitglied „auf Zeit“ lässt sich mit diesem Konstrukt nicht immer verbinden.
Interne Ausbildung von jungen Menschen zu Fachkräften
Viele Betriebe haben gemerkt, dass die oben genannten Mittel keine nachhaltige Lösungen liefern und haben daher eine interne Strategie entwickelt, um der Lage des Fachkräftemangels Herr zu werden. Viele SHK Betriebe bilden mehr und mehr junge Menschen aus, um diese nach einigen Jahren in den aktiven Kundendienst einzubinden und durch die Positionierung als zuverlässiger Arbeitgeber langfristig eine Bindung zwischen sich und den potenziellen Festangestellten zu schaffen. Der Vorteil besteht neben einer Senkung des unternehmensinternen Altersdurchschnitts auch darin, dass die Auszubildenden von Beginn an unternehmensspezifische Arbeitsabläufe kennenlernen und so nach einer möglichen Übernahme keine Einarbeitungszeit anfällt. Auf der anderen Seite ist dieser Versuch das Problem des Mangels an Fachkräften zu lösen mit einem mehrjährigen Investment an Zeit und Geld verbunden, bei dem auch die Übernahme bzw. Annahme eines Übernahmeangebotes durch den Auszubildenden nicht garantiert ist. Aufgrund des großen Marktangebotes gehen ausgebildete Anlagemechaniker dabei auch in den Gehaltsvergleich. Es ist wichtig zu sagen, dass auch hierbei passende Bewerber zunächst auf das Angebot einer Ausbildung aufmerksam gemacht werden und zu einer Bewerbung motiviert werden müssen.
Social Media als Wachstumshebel bei der Mitarbeitergewinnung?
Aufgrund der hohen Nutzerzahlen (vgl. Roth, 2020) und dem wachsenden Konsum von Inhalten auf Social Media Plattformen wenden sich mehr und mehr Handwerksbetriebe bei ihrer Positionierung als Unternehmer und Arbeitgeber dem Thema soziale Medien zu, um dort Reichweite und Präsenz bei der gewünschten Zielgruppe zu erreichen. Bei der Vielzahl an Social Media Kanälen ist es leicht den Überblick zu verlieren, welches Format für das Handwerk das passende ist. Marketing-Experte und Inhaber der Agentur für digitale Mitarbeitergewinnung im Handwerk, Jan Schlüter, klärt auf: „Die Präsenz von Nutzern, die in klassischen Handwerksberufen als Angestellte tätig sind, ist auf Instagram & Facebook im Vergleich zu Plattformen wie LinkedIn und Xing, die eher Akademiker und Führungskräfte ansprechen, deutlich größer“.
Welche Möglichkeiten bieten Social Media Plattformen Handwerksbetrieben?
Handwerksbetriebe können auf den Plattformen Instagram und Facebook ein eigenes Profil aufbauen, Einblicke in Form von Textbeiträgen oder auch Fotos und Videos vom Arbeitsalltag und fertigen Leistungen vermitteln. Über verknüpfte Profile und mitunter Hashtags wird eine organische Reichweite aufgebaut. Nutzer können den direkten Einblick in das Unternehmen und einen Blick hinter die Kulissen erhalten. Ein klassischer Handwerksbetrieb kann so über eine Webseite und Visitenkarte hinaus den eigenen Charakter eines Unternehmens deutlich greifbarer und sichtbarer machen, um so potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam zu machen. Das Ziel ist eine digitale Marke, ein sogenanntes Branding, aufzubauen. Der oftmals langfristige Prozess, der nicht die Besetzung von Stellenangeboten in einem gewünschten Umfang bei potenziellen Bewerbern nach sich zieht. Ein zusätzliche Möglichkeit ist die Erzielung von bezahlter Sichtbarkeit, die mithilfe des sogenanntes Werbeanzeigenmanagers von Facebook und passenden Zielgruppeneinstellungen, gerichtet auf potenzielle Bewerber, die bereits in der Branche beruflich tätig sind, zugeschnitten und in Form von Werbeanzeigen sofort an diese ausgeliefert werden. Branchenpartner für das Handwerk & Online-Marketing-Experte Schlüter verdeutlicht, dass hierbei Streuverluste auf ein Minimum reduziert werden können und persönliche Werbeanzeigen z.B. mit dem eigenen Logo und einem Teamfoto so deutlich schneller in die Wahrnehmung von wechselwilligen und arbeitssuchenden Fachkräften gelangen als über herkömmliche Wege. Nutzer, die Instagram und Facebook für private Zwecke nutzen und sich mit Themen und Inhalten beschäftigen die ihnen gefallen, erhalten dabei eine auf das Unternehmen und die Zielgruppe zugeschnittene Anzeige, die sich von klassischen Jobanzeigen maßgeblich unterscheidet und so deutlich auffälliger in die Wahrnehmung eines Bewerbers gelangt. Der Pool an Bewerbungen auf eine offene Stelle kann mithilfe der Daten, die in den sozialen Medien hinterlegt sind, in der Quantität erhöht und in der Qualität verbessert werden. Diese Form der Mitarbeitergewinnung, für Laien nicht unbedingt leicht durchführbar, ist mit einem Einsatz von Werbebudget verbunden. Sind Werbeanzeige nebst Einstellungen nicht professionell aufgesetzt, kann das zur Verfügung stehenden Budget auch nicht gewinnbringend investiert werden. Darüber hinaus wird empfohlen, die dahinter geschalteten Bewerbungsformulare des Unternehmens simpel, intuitiv und so nutzerfreundlich wie möglich zu halten. Das setzt immer auch die angepasste Darstellung für mobile Endgeräte voraus. Schlüter empfiehlt Formulare zur Vorqualifizierung statt klassischer Stellenausschreibungen mit viel Text und die umständlichen Bewerbungswege über E-Mail oder Postweg, um Absprungraten innerhalb des Bewerbungsprozesses zu minimieren.
„Innerhalb des Social Recruitings ist es wichtig passgenaue Konzepte, die auf Region und Zielgruppe angepasst sind, zu entwickelt“, so Jan Schlüter.
Über den Autor:
Jan Schlüter, Leiter der Agentur KlickBoost, die sich als IT- & Online-Marketing Agentur auf die SHK-Branche konzentriert hat, bietet mit seinem Team Unterstützung für Handwerksbetriebe in der digitalen Mitarbeitergewinnung in der D-A-CH Region an und setzt auf die Optimierung von unternehmensinternen Prozessen statt auf Externe, wie Zeitarbeitsfirmen, Personalvermittler etc. partner-shk.de
Quellen:
Roth, Philipp (2020): Nutzerzahlen: Facebook, Instagram, Messenger und WhatsApp, Highlights, Umsätze, uvm.: [online] [17.11.2020]
Graefe, Lena (2020): Welche Hemmnisse bremsen Ihrer Meinung nach die Digitalisierung im Handwerk am stärksten?: [online] [17.11.2020]