Der Koalitionsausschuss der Bundesregierung hat am 13. Oktober 2020 ein Förderprogramm in Höhe von 500 Mio. Euro zur Covid-19-gerechten Um- und Aufrüstung von zentralen RLT-Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten verabschiedet. Auch Schulen profitieren davon.
Wenn es nach dem Willen der Kultusminister der meisten Länder geht, wird in Schulen auch künftig weitgehend periodisches Stoß- und Querlüften über Fenster und Türen praktiziert; ein aus der Sicht von Lehrern und ihren Berufsorganisationen unhaltbarer Zustand. Die Kommission Innenraumhygiene am Umweltbundesamt (UBA) hat sich in einer Stellungnahme vom 15. Oktober 2020 angesichts des Themas „Coronaschutz in Schulen“ dafür ausgesprochen, Zitat „Klassenräume regelmäßig alle 20 Minuten für etwa fünf Minuten bei weit geöffneten Fenstern zu lüften“.
Simulation der Partikelkonzentration durch eine infizierte Person und der Einfluss der Lüftungsweise auf die zeitliche Veränderung der Partikelanzahl. Bildquelle: WOLF GmbH
Durch Messungen und Erfahrungen ist bekannt, dass sich Viren sowohl per Tröpfcheninfektion durch Husten, Niesen, Sprechen, Singen und weiter durch die Übertragung dieser Tröpfchen über die Hände in den Mund-/Nasenbereich, als auch durch Aerosole in der Luft, also über luftgetragene Partikel, verbreiten. Selbst bei ruhiger Atmung können virushaltige Partikel freigesetzt werden. Wie lange sich ausgeschiedene Tröpfchen in der Luft halten, hängt davon ab, wie schnell der Wasseranteil des virusbesetzten Tröpfchens verdunstet. Bei starker Verdunstung, sprich bei sehr trockener Luft, lassen sich vermehrungsfähige Viren in luftgetragenen Partikeln bis zu drei Stunden nach Freisetzung nachweisen, so das UBA. Gleichzeitig können die Partikel innerhalb kurzer Zeit über mehrere Meter im Raum transportiert und verteilt werden – sei es durch Luftströmungen, Konvektion, Druckunterschiede oder menschliche Bewegungen und Tätigkeiten. Ziel jeglicher Lüftungsmaßnahmen, ob via Fensteröffnung oder mechanisch über Lüftungsgeräte bzw. -anlagen, ist die Verdünnung bzw. Entfernung des Aerosols durch einen möglichst hohen Frischluftanteil.
Fensterlüftung allein reicht nicht
Der Deutsche Lehrerverband begrüßt die Initiative der Bayerischen Staatsregierung ausdrücklich; es sei ein guter Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig kritisiert er die ablehnende Haltung der Kultusministerkonferenz zum Einbau von Lüftungsanlagen an Schulen. Eine Studie der WOLF GmbH, Mainburg, mit Unterstützung der Technischen Universität Berlin, Hermann-Rietschel-Institut (HRI), kommt zu dem Ergebnis, dass eine mechanische Lüftung die Partikelkonzentration in der Raumluft effektiver und über einen längeren Zeitraum reduziert als gekippte Fenster. Nur durch eine regelmäßige Stoßlüftung von fünf Minuten in einem Zeitintervall von ca. 20 Minuten ließe sich eine deutliche Senkung der Partikelkonzentration erzielen. Die Simulationsrechnungen am HRI wurden anhand eines typischen Klassenzimmers von 60 Quadratmeter mit einer Lehrkraft und 24 Schüler*innen durchgeführt.
Vergleich der Temperaturen im Klassenzimmer. Bei der Fensterlüftung sind Schüler und Lehrer vor allem im Winter extremen Temperaturunterschieden ausgesetzt. Bildquelle: WOLF GmbH
In der Messvariante „alle Fenster geöffnet“ stellt sich bei 20 °C Außentemperatur eine Luftwechselrate von kurzfristig 15 ein, so dass die Partikelkonzentration bis unter 100 Partikel/m3 abnimmt. Sobald die Fenster wieder gekippt sind, steigt die Partikelkonzentration jedoch wieder auf den Ursprungswert an. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass das kontaminierte Raumvolumen bei geschlossenen Fenstern mehr als 900 infizierte Partikel pro Kubikmeter beinhalten kann. Welche Konzentration an virusbelasteten Partikeln letztendlich zu einer Ansteckung führt, ist zurzeit noch nicht gesichert. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass das Infektionsrisiko proportional mit der Partikelkonzentration ansteigt. Gerade im Herbst und Winter ist bei gekippten Fenstern und regelmäßiger Stoßlüftung mit erheblichen Komforteinschränkungen durch Zugerscheinungen, einem starken Anstieg der Energiekosten und höheren Krankheitsraten durch Erkältung zu rechnen.
Sicherheit, Komfort und Energieeinsparung durch maschinelle Lüftung
Im Vergleich zur Fensterlüftung reicht ein etwa viereinhalbfacher Luftwechsel aus, um den oben beschriebenen Raum maschinell über das in der Simulation eingesetzte Kompakt-Lüftungsgerät CGL von WOLF zu be- und entlüften. Mit permanent geschlossenen Fenstern und einem Frischluftvolumen von 800 m3/h wurde gezeigt, dass hierbei die Partikelkonzentration in einem Norm-Klassenzimmer im unkritischen Bereich stabilisiert werden kann.
Die Luftführung im Simulationsversuch erfolgte über an der Decke angeordnete Auslassventile; die verbrauchte „belastete“ Luft wurde zentral am Sockel des Gerätes abgeführt. Dadurch lässt sich der bauliche Aufwand bei Nachrüstungen minimieren. Im Grunde werden für die Installation lediglich zwei Wanddurchbrüche mit je 250 mm Durchmesser bzw. ein entsprechendes Blindelement für die Aufstellung vor einem Fenster benötigt. Noch einfacher ist es, die Luft frei ausblasend an der Decke in den Raum einzubringen, um den Coanda-Effekt für die gleichmäßige Verteilung der Raumluft zu nutzen. Auch energetisch hat die mechanische Lüftung Vorteile. Durch die integrierte Wärmerückgewinnung mit einem Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent entsteht ein wirtschaftlicher wie auch ökologischer Mehrwert. Bei der Fensterlüftung wird dagegen buchstäblich „zum Fenster hinaus“ geheizt.
Das Umluftfiltergerät „AirPurifier“ wurde speziell für Klassenräume mit Raumgrößen von bis zu 60 m2 entwickelt. Durch den über EC-Ventilatortechnik geregelten, sechsfachen Luftwechsel und eine doppelte Filterstufe mit HEPA-Schwebstofffilter wird das Ansteckungsrisiko minimiert. Allerdings kann auch bei Verwendung dieses Gerätes auf eine Fensterlüftung nicht verzichtet werden. Bildquelle: WOLF GmbH
Neben der Partikelkonzentration wurde bei den Messversuchen am HRI auch die Kohlendioxid (CO2)-Konzentration als Maß für die Raumluftqualität überwacht. Innerhalb von 45 Minuten stieg unter realitätsnahen Klassenzimmerbedingungen beim maschinell belüfteten Raum der CO2-Gehalt von 400 ppm (entspricht sauberer Außenluft) auf maximal 950 ppm. Bei der Fensterlüftung erreichte der CO2-Gehalt im gleichen Zeitraum bis zu 1.300 ppm.
Als CO2-Grenzwert gilt die sogenannte Pettenkofer-Zahl von 1.000 ppm. Ab 2.000 ppm beginnt laut UBA der hygienisch inakzeptable Bereich. Im Hinblick auf eine möglichst geringe SARS-CoV-2-Belastung der Raumluft kann die maschinelle Lüftung nach jeder 45-Minuten-Schulstunde zusätzlich durch Fensterlüftung (Stoßlüftung) unterstützt werden. Aus Sicht vieler Wissenschaftler und Pädagogen schützen maschinelle Lüftungsanlagen mit großer Wahrscheinlichkeit vor Corona-bedingten Schulschließungen. Durch einen unterbrechungsfreien Unterricht sei außerdem ein störungsfreier Lernbetrieb gewährleistet. Auch komme es durch ein maschinelles Lüftungskonzept zu weniger Krankheitsfällen.
Raumluftreiniger als Sofortmaßnahme
Eine andere Möglichkeit, um das Ansteckungsrisiko in Schulräumen zu minimieren, sind stationäre oder mobile Raumluftreiniger. Diese sind in der Lage, die Partikelkonzentration mittels Hochleistungsfilter raumbezogen im Umluftverfahren zu reduzieren. Solche Geräte werden bereits in Laboren, im Umfeld von Reinräumen sowie in Bereichen mit hygienisch sensiblen Maschinen und Arbeitsplätzen eingesetzt, beispielsweise in der Lebensmittelindustrie. In der Regel werden diese Geräte dann aufgestellt, wenn innerhalb eines konventionell belüfteten bzw. klimatisierten Gebäudes mit geringem Aufwand Zonen mit höherer Luftreinheit benötigt werden.
Für das Comfort Großraum-Lüftungsgerät (CGL) stellt die WOLF Akademie ein spezielles Planungsmodul zur Verfügung. Dieses erleichtert die normungs- und richtliniengerechte Planung sowie Auslegung von dezentralen Schullüftungen. Bildquelle: WOLF GmbH
Obwohl solche Umweltreiniger häufig mit HEPA-Filtern (HEPA = High Efficiency Particulate Air) ausgerüstet sind, ersetzen die in Schulräumen aufgestellten Hocheffizienzfiltergeräte nicht die kontinuierliche Frischluftzufuhr, da sich die umgebende Raumluft mit CO2 und Feuchtigkeit anreichert.
Als flankierende Maßnahme hinsichtlich der Reduzierung von schädlichen Partikelkonzentrationen sind solche Geräte dennoch als sinnvolles Mittel in Betracht zu ziehen, vor allem in den kälteren Jahreszeiten. Insbesondere in dem Zeitraum, in welchem die Fenster geschlossen bleiben müssen, kann ein ausreichend dimensionierter Luftreiniger mit HEPA-H14-Filter die Aerosolkonzentration effektiv senken. Dies konnte in einer weiteren wissenschaftlichen Studie durch Simulationen und Praxismessungen nachgewiesen werden. Seit Ende 2020 können sich Bildungseinrichtungen in Bayern nun mobile Luftreinigungsgeräte mit Filterfunktion für alle (d.h. auch gut belüftbare) Klassen- und Fachräume fördern lassen.
Umluftfunktion von RLT-Anlagen in Zeiten von Corona abschalten
Auch konventionelle raumlufttechnische Anlagen können einen Beitrag zur Reduzierung der Ansteckungsgefahr leisten. Wichtig ist, dass die Umluftfunktion außer Betrieb genommen und die Luftwechselrate erhöht wird. Laut Umweltbundesamt gibt es Hinweise, dass ein SARS-CoV-2-Ausbruch in einem industriellen Produktionsbereich mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen hohen Umluftanteil zurückzuführen ist.
Ein einfacher Luftwechsel pro Stunde verringert beispielsweise die in einem Innenraum freigesetzte Stoffmenge innerhalb von 60 Minuten um 60 Prozent, so die Theorie. Höhere Luftwechselraten seien entsprechend wirksamer bei der Stoffabfuhr, so das UBA. Zu berücksichtigen seien jedoch auch die Art der Luftführung und mögliche Turbulenzen. Fast alle HLK/RLT-Verbände haben inzwischen Leitfäden zum Betrieb von RLT-Anlagen in Zeiten von Corona herausgegeben, beispielsweise der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), der Fachverband Gebäude-Klima (FGK) und der Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte (RLT).
Luftverteilungen mit textilen Schläuchen. Diese lassen sich mit geringem baulichem Aufwand montieren. Der Lufteintrag in den Raum erfolgt turbulenzarm nach dem Prinzip der Quelllüftung. Bildquelle: WOLF GmbH
Den wissenschaftlich fundiertesten Leitfaden erarbeitete der Dachverband der europäischen Verbände für Heizung, Lüftung und Klima (REHVA). Die deutsche Übersetzung der in englischer Sprache verfassten Empfehlung findet sich auf der Webseite des schweizerischen Vereins für Luft- und Wasserhygiene (www.svlw.ch), Stichwort „REHVA-Covid-19“.
Bundesförderung geht nicht weit genug
Die von der Bundesregierung verabschiedete Bundesförderung „Corona-gerechte Um- und Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten“ berücksichtigt nicht direkt den Fördertatbestand einer Neuanschaffung von zentralen oder dezentralen RLT-Geräten. Lediglich die Um- und Aufrüstung werden darin hauptsächlich erfasst. Die wenigsten Bildungsstätten in Deutschland verfügen jedoch über eine bereits installierte RLT-Anlage, obwohl sie insbesondere in der aktuellen pandemischen Situation dringend darauf angewiesen wären. Mobile Luftreiniger als wirksame Sofortmaßnahme sind weiterhin von den einzelnen Bundesländern in Eigenregie und uneinheitlich in länderspezifischen Förderprogrammen erfasst. Deshalb müssten auch bei der Erstinstallation einer unter Covid-19-Gesichtspunkten hygienischen raumlufttechnischen Anlage die Investitionsausgaben sowie die Ausgaben für Planung und Montage in Höhe von 40 Prozent der förderfähigen Kosten zusätzlich in die Bundesförderung mit aufgenommen werden. Bei existierenden Förderprogrammen, z.B. vom Umweltbundesamt (läuft bis zum 31.12.2021) oder der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ist das Fördergesamtbudget (UBA) oder der Fördersatz (BEG) insgesamt zu niedrig angesetzt, um den Bildungsstätten effektiv zu helfen.
Die wichtigsten der von der REHVA empfohlenen Maßnahmen sind:
• RLT- und Lüftungsanlagen nachts und am Wochenende nicht abschalten, sondern mit geringer Leistung weiter betreiben
• Lüftungsgeräte auf 100 Prozent Außenluft stellen
• Wärmerückgewinnungsanlagen auf Leckagen prüfen, insbesondere die Rotationswärmeübertrager
• Keine Luftkanalreinigung in Zeiten von Corona durchführen
• Filterwechsel und Wartungsarbeiten wie gehabt, mit den üblichen Schutzmaßnahmen durchführen
Fazit
Die maschinelle Lüftung von Schulräumen trägt wesentlich dazu bei, das Infektionsrisiko für Schüler und Lehrer zu vermindern. Dezentrale Lösungen lassen sich relativ kurzfristig mit geringem baulichem Aufwand realisieren. Mobile Luftreiniger sollten in allen Bereichen, in denen kein kontinuierliches Lüften sichergestellt werden kann, als flankierende und effiziente Maßnahme in Betracht gezogen werden. Bei bestehenden RLT-Anlagen empfiehlt es sich, sie nach der Maßgabe der Verbände auf einen Covid-19-gerechten Betrieb zu überprüfen. Neue RLT-Anlagen sollten dringend in Bundesförderprogramme für Bildungseinrichtungen mit aufgenommen und entsprechend bezuschusst werden. Die aktuelle Fördersituation in Deutschland wird fortlaufend angepasst.
Was muss bei der Planung von Schullüftungen beachtet werden?
Die Planung von Schullüftungen jeglicher Art ist keinesfalls trivial. WOLF hat deshalb ein umfassendes Schulungsprogramm für die Lüftung von Bildungsstätten und Versammlungsräumen entwickelt, das alle Facetten einer normungs- und verordnungsgerechten Planung umfasst und auch Maßnahmen zur Covid-19-gerechten Planung berücksichtigt. Im Hinblick auf die staatlichen Förderprogramme bietet WOLF zusätzlich auch Unterstützungspakete an, die von der Antragstellung bis hin zur kompletten Abwicklung des Förderantrags reichen. Neben zahlreichen DIN EN-Normen und einem UBA-Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden sind es vor allem die Richtlinien VDI 6040, Blatt 1 und 2, die bei der Planung von Schullüftungen den Maßstab setzen.
Eine Pflichtlektüre für die Planung von Schullüftungen ist der UBA-Leitfaden „Besser lernen in guter Luft, Anforderungen an Lüftungskonzeptionen in Bildungseinrichtungen“. Dort sind auch Hinweise zur Arbeitsstättenrichtlinie ASR A 3.6 nachzulesen. Diese wurde inzwischen um die neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel erweitert. Im Grunde genommen gibt diese Richtlinie den verpflichtenden Einbau von maschinellen Lüftungen in Schulräumen vor. Da es sich bei Schulen weitgehend um öffentliche Gebäude handelt, greift bei der Planung auch die AMEV-Richtlinie „RLT-Anlagenbau 2018“.
Im Hinblick auf eine möglichst effiziente Schadstoff-/Partikelabfuhr spielen künftig die Lüftungseffektivität bzw. die Strömungsvarianten des Luftverteilsystems bei der Konzeption von Schullüftungen eine tragende Rolle.
Die speziell für Schul- und Versammlungsräume entwickelte WOLF Geräteserie CGL (Comfort Großraum-Lüftungsgerät) deckt mit drei Leistungsstufen einen Großteil der Anforderungen an Schulräume ab. Durch variable bzw. wählbare Luftmengen passt sich das Gerät automatisch an die CO2-Zielvorgabe an.
Autor:
Maximilian Schmidt, Master of Engineering – Market Launch Manager WOLF GmbH
Es ist interessant, zu sehen, wie die Partikelkonzentration im Vergleich aussieht. Da ist es schon sehr sinnvoll, Lüftungsanlagen für Schulen einzubauen. Ich finde, dass an falschen Stellen gespart wurde.
Da ich selbst in der Gebäudetechnik arbeite, finde ich den Artikel über die Prüfung von raumlufttechnischen Anlagen sehr interessant. Die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit und Reinheit von Cleanrooms ist besonders wichtig, da sie in sensiblen Umgebungen eingesetzt werden. Es ist gut zu wissen, dass es regelmäßige Prüfungen gibt, um die Qualität der Luft in solchen Anlagen zu gewährleisten und die Gesundheit der Menschen zu schützen.